Die Geschichte der jüdischen Minderheit in Luxemburg zeichnet sich durch zwei Faktoren aus, deren Verbindung sie im Vergleich zu anderen Ländern herausragen lässt. Einerseits war in der Grafschaft, später dem Herzogtum Luxemburg die jüdische Ansiedlung lange Zeit offiziell verboten, anders als in den angrenzenden deutschen und französischen Gebieten. Andererseits begann im Vergleich zu Deutschland die im Rahmen der Französischen Revolution erfolgende jüdische Emanzipation in Luxemburg (wie auch in Frankreich, Belgien und den Niederlanden) verhältnismäßig früh. In Luxemburg, das ab 1815 dem Deutschen Bund angehörte, befand sich die religiöse Minderheit von Beginn an in der gegenüber anderen Bundesländern privilegierten Lage, bürgerrechtliche Anerkennung nicht erst erkämpfen zu müssen, sondern bereits zu genießen und vor dem Gesetz gleichberechtigt zu sein. Zugleich aber begann sich zwischen christlicher Mehrheit und jüdischer Minderheit das Wissen übereinander erst einzustellen und das Zusammenleben sich zu formen.
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Die Französische Revolution hatte zwar die formale jüdische Emanzipation gebracht, doch
der damit in Luxemburg in Gang gesetzte Inklusionsprozess stieß in der Folge immer wieder
auf Exklusionstendenzen. Renée Wagener zeichnet die Haltungen von Staat,
Mehrheitsgesellschaft und jüdischer Minderheit in diesem Prozess nach, vom 19. Jahrhundert
über die zwei Weltkriege und die Auseinandersetzung mit der Shoah in der Nachkriegszeit bis
hin zu den Wiedergutmachungsdiskussionen im 21. Jahrhundert. Sie nimmt Äußerungen
eines katholisch geprägten Antisemitismus unter die Lupe, aber auch antisemitische
Tendenzen bei Liberalen und Linken.
Eingebettet in den internationalen Forschungskontext liegt damit sowohl eine Geschichte der
jüdischen Minderheit im Großherzogtum vor als auch eine umfassende historische Analyse
zum Antisemitismus in Luxemburg.
Die Historikerin Renée Wagener forscht zu Judentum und Antisemitismus in Luxemburg.
Dieses Buch ist eine gekürzte Version ihrer Dissertation von 2017 an der FernUniversität
Hagen.